Gastkommentar für "idea" zum Arnsteiner Unglück

Menschliches Leben ist zerbrechlich, ein Moment der Unachtsamkeit kann ein Unglück verursachen und ein ganzes Leben zerstören. Das gilt auch in einer technisch weit entwickelten Welt, wo es Rettungsdienste und Feuerwehr, Versicherungen und Krankenhäuser gibt.

Das Unglück in Arnstein bewegt viele Menschen, weil etwas besonders Schreckliches passiert ist: Ein Vater findet zwei seiner Kinder und vier ihrer Freunde tot in einer abgelegenen Hütte. Sechs junge Leute, gerade erst auf dem Weg zum Erwachsensein, sind durch eine Gasvergiftung ums Leben gekommen. Zukunft, Leben und Hoffnungen wurden zunichte.

Nach dem ersten Schrecken stellt sich die Frage nach den Ursachen für den Tod der jungen Leute, nach Schuld und Verantwortung. Polizei und Feuerwehr waren zu Recht sehr zurückhaltend in ihren Äußerungen. Schließlich wurde ein mit Benzin betriebenes Stromaggregat als Ursache einer tödlichen Gasvergiftung ausgemacht. Es hätte nur draußen betrieben werden dürfen, damit das giftige Gas entweichen kann. Jemand hat es aber drinnen benutzt und nicht beachtet oder nicht gewusst, dass so ein Aggregat Kohlenmonoxid ausstößt.

Was kann eine Gemeinde, was können Seelsorger in einer solchen Situation tun? Sie können Raum bieten für Trauer, für Klage, Gebete und Gespräche. So wie das der katholische und evangelische Geistliche gemeinsam mit der Stadt Arnstein getan haben und noch tun werden. Dem anderen im Unglück beizustehen, ihn in Schrecken und Schmerz nicht alleine zu lassen, ist gut und wichtig. Als die Freunde Hiobs von seinem Unglück hören, kommen sie, um mit ihm zu klagen und ihn zu trösten „und saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und redeten nicht mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war“ (Hiob 2,13). Erst danach beginnen sie zu sprechen, das Unglück zu analysieren, nach Schuld und Schicksal zu fragen. Einmal wird die Polizei vielleicht die Frage beantworten können, wer das Aggregat in dem geschlossenen Raum aktiviert hat und Verantwortung trägt.

Seelsorger dürfen mit den Erschrockenen und Trauernden die vertrauten Gebete sprechen und einfühlsame Beerdigungsfeiern gestalten. Geprägte Worte erweisen sich angesichts des Schreckens als Halt. Sie eröffnen Räumen, in denen Trauer und Schmerz vor Gott ausgesprochen werden können. In diesem Rahmen darf und soll zur Sprache kommen, dass Gott ein mitleidender Gott ist, der am Kreuz Angst, Schmerz und Tod erfahren und am Ostermorgen mitten in dieser zerbrechlichen und hinfälligen Welt eine neue Hoffnung eröffnet hat.

Ich bin sehr dankbar für den Dienst der Seelsorger in Arnstein, für die Angebote der Begleitung und des Beistands, den sie und die politische Gemeinde ermöglicht haben.

Dekanin Dr. Edda Weise